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Geschichte des Schnitzverein

Mit den Vereinsgründungen, die Ende des 19. Jahrhunderts begannen, entwickelte sich ein Wesenszug des Schnitzens im westlichen Erzgebirge, wie er wohl in keiner anderen Volkskunstregion ausgebildet ist:

die gemeinsame schöpferische Arbeit am Feierabend, in der Freizeit.

Ziel der meisten Vereine war die Schaffung eines meist mechan. Vereinsberges (Weihnachtsberg oder Krippe), den man zu den alljährlichen Weihnachtsausstellungen der Öffentlichkeit vorstellte und mit dem man hinsichtlich Größe, Figurenreichtum, technischer Effekte und Pracht der Ausstattung andere Berge zu übertreffen suchte.

Der älteste Verein im Landkreis Annaberg, der diese Tradition, wie auch das Schnitzen von Einzelfiguren und den Bau von Weihnachtspyramiden heute noch pflegt, ist der 1894 gegründete Schnitz- und Krippenverein Geyer e.V.

Im Gründungsprotokoll vom 10. Oktober 1894 steht u.a.:

„ Auf Anregung des Unterzeichneten versammelten sich am heutigen Tage in der Wohnung des Posamentiermeisters Friedrich Gottlob Liebig die unten näher Bezeichneten, um über die Gründung eines Vereins zu sprechen, welcher im Sinne hiesiger althergebrachten Gebräuche und heimatlichen Sitten für immer ein Augenmerk auf deren Forterhaltung und Verbreitung zu werfen, eine Aufgabe sein soll ! Diese Gebräuche erstrecken sich in erster Linie auf das in unserer Stadt Geyer so lieb gewordene und heimische Aufbauen von Weihnachtsbergen.“

Hierauf beschließt man nun, sogenannte Schnitzabende einzuführen. Der Gesang von Weihnachtsliedern bildete die spätere Unterhaltung des Abends.

Ein besonderer Höhepunkt war sicherlich die Ausstellung im Januar 1928 im „Bayrischen Hof“.

Zur Eröffnung waren als Gäste sogar Herr Hofrat Seyffert vom Landesvolkskundemuseum in Dresden und der amerikanische Generalkonsul  Dr. Haberle anwesend.

Durch das Verbot des Vereinswesens in Zeiten der DDR wurde die Gemeinschaftsarbeit unter dem Kulturbund weitergeführt. Während dieser Zeit wurden u.a. sechs Schnitz- und Weihnachtsbergausstellungen durchgeführt, zu denen insgesamt fast 70.000 Besucher (!) begrüßt werden konnten. Es entstanden zahlreiche Auftragswerke.

Am 3.4.1990 konnte es zur Wiedergründung des Vereines kommen.

Der Verein hat zur Zeit 31 Mitglieder, Feierabendschnitzer im Alter von 19 bis 87 Jahren. Diese treffen sich einmal wöchentlich im 1994 eröffneten Schnitzerheim.  Es werden Bergleute, Wald- und Krippenfiguren geschnitzt, es werden neue Vorhaben diskutiert, vorbereitet und umgesetzt, es wird sich unterhalten über Wichtiges und das Nebensächlichste der Weit, es fehlt nicht an Bier, an Bockwurst oder "Specktettbemmen".

In der Gemeinschaft entstehen natürlich auch Gemeinschaftsarbeiten: Die Stadt Geyer erhielt eine hölzerne Orientierungstafel und Wegweiser, die von den Schnitzern kostenlos erhalten werden.

Der Pfingstsonntagmorgen ist jährlich ein besonderer Tag für die Mitglieder des Schnitz- und Krippenvereins. Ab 6 Uhr heißt es  „Auf zum Wilden Mann“, einer überlebensgroßen Figur, die von Vereinsmitgliedern  aus einem 4,00m langen und bis zu 75 cm dicken Stamm einer Lärche geschlagen wurde. Es ist nun schon der 7. "Wilde Mann" der 2006 im Jagen 19 des Geyerschen Forstreviers aufgestellt wurde. Ursprünglich hatten Waldarbeiter in der Mitte des vorigen Jahrhunderts die Idee, aus einem Fichtenstamm eine Männerfigur zu schnitzen, die einen Napoleonhut getragen und bewegliche Arme gehabt haben soll. Jedes Jahr zieht es Hunderte, bei schönem Wetter Tausende mit den Schnitzern hinaus in den Wald; für einen guten Trunk und für Blasmusik ist gesorgt!

Auf dem Markt der Bingestadt dreht sich seit 1983 eine 3,50 m hohe Bergmannspyramide, "de Peremett", wie es in Mundart heißt. Die Schnitzer gestalteten sie in Form eines Huthauses. Es werden auf ihr Bergzimmerlinge und Haspler bei der Arbeit gezeigt. Auf den in der Mitte eingefügten Scheiben drehen sich ein Steiger und ein Hunterstößer sowie Bergleute in Arbeits- und Paradetracht.

Etwas versteckt, in der Silberhüttenstraße 15 in Geyer, befindet sich das Schnitzerheim des Vereins, ein Kleinod erzgebirgischer Tradition und Heimatpflege. Was sich im Innern des Gebäudes verbirgt, ist von außen kaum zu erahnen:  Schnitz- und Bastelkunst aus der über einhundertjährigen Schaffenszeit des Vereins, zusammengestellt zu einer einmaligen Ausstellung.

 Zu sehen sind hier zur Zeit 11 mechanische Heimat- und Weihnachtsberge, von 0,5-22 m², auf denen vieles in Bewegung ist, typische erzgebirgische Schnitzereien, wie Bergmann und Engel, Waldfrau und Waldmann; Szenen aus dem Alltag, Deckenleuchter  und natürlich die Weihnachtspyramiden.

Doch damit nicht genug. In der Schnitzerstube kann man den Schnitzern über die Schulter schauen oder sich erst einmal etwas ausruhen. In der Weihnachtszeit sorgt ein Kachelofen für behagliche Wärme und Gemütlichkeit.

 Jedes Jahr, in der Advents- und Weihnachtszeit ist die Ausstellung wie folgt geöffnet:

 An den Adventswochenenden, sowie vom 26.-30. Dezember, jeweils von 13.00 – bis 18:00 Uhr.

 

 

Andreas Richter

 

ehem. 1. Vorsitzender